Sie können Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, nur im Jahr der Zahlung abziehen. Eine Verteilung auf mehrere Jahre ist nicht zulässig, auch dann nicht, wenn sich die Aufwendungen im Jahr der Zahlung nicht in vollem Umfang steuermindernd auswirken (BFH-Beschluss vom 12.7.2017, VI R 36/15). Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist nach § 163 AO nur atypischen Ausnahmefällen vorbehalten, die bei außergewöhnlichen Belastungen regelmäßig nicht vorliegen.
Praxis-Beispiel:
Die Eheleute pflegen und betreuen ihre Tochter, die schwer- und mehrfachbehindert ist, in ihrem Elternhaus. Die Eheleute bauten ihr Haus behindertengerecht um und bezahlten sämtliche mit dem Umbau zusammenhängenden Rechnungen in einem Jahr.
Von den insgesamt entstandenen Kosten von 165.981 € machten die Eheleute in ihrer Einkommensteuererklärung Umbaukosten in Höhe von 60.000 € als außergewöhnliche Belastungen geltend und beantragten, den Restbetrag auf die beiden folgenden Jahre zu verteilen. Das Finanzamt führte wegen der außergewöhnlichen Belastungen eine abgekürzte Außenprüfung durch. Es erkannte einen Betrag in Höhe von 149.069 € als außergewöhnliche Belastung an, setzte die Einkommensteuer mit 0 € fest und lehnte eine Verteilung der Aufwendungen auf mehrere Jahre ab. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung.
Die Entscheidung über einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO), die durch den BFH in der Regel nicht korrigiert werden kann. Es liegt außerdem keine Unbilligkeit vor. Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des einzelnen Falls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Hat aber der Gesetzgeber die ungünstige Rechtsfolge bewusst in Kauf genommen, scheidet eine Billigkeitsmaßnahme grundsätzlich aus.
Wirken sich außergewöhnliche Belastungen in dem Jahr, in dem sie geleistet werden, nicht aus, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte nicht hoch genug ist, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in ein anderes Jahr zu übertragen. Die Regelung für Erhaltungsaufwand in § 82b EStDV, die eine Verteilung auf mehrere Jahre zulässt, kann nicht analog angewendet werden. Ein Verlustvortrag gemäß § 10d EStG gilt nur für Einkünfte, nicht aber für außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben. Da in § 33 EStG eine vergleichbare Regelung fehlt, liegt keine Gesetzeslücke vor, die eine analoge Anwendung nahelegen würde.
Konsequenz: Das Abflussprinzip des § 11 EStG und das Prinzip der Abschnittsbesteuerung führen dazu, dass sich nicht der gesamte Betrag, den die Eheleute für den Umbau des Hauses aufgewendet haben, ausgewirkt hat. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen, die keine Ausnahmen vorsehen, ist nach Auffassung des BFH eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht gerechtfertigt.
Mein Tipp
Wenn Sie hohe Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen auf zwei Jahre verteilen wollen, müssen Sie das Abflussprinzip beachten. Das heißt, Sie zahlen diese Aufwendungen nicht in einem Jahr, sondern (möglichst gleichmäßig verteilt) auf zwei Jahre.